“Auch zu diesem Duft kopiere ich einfach mal meine Rezension von Parfumo hier hinein.
Gebratener Speck
Einer der sinnvollsten Einkäufe in Sachen Parfüm, die ich bisher überhaupt tätigte, war das Discovery Set von J.F. Schwarzlose Berlin. Es enthält acht von neun Düften, die soweit ich weiß, derzeit von dieser Marke zu haben sind. Der 9.te und letzte Duft, der in diesem Set nicht enthalten war, war der Fougair, den mir Kai Porten, bei dem ich dieses Set bestellt habe, freundlicherweise in Form eines Samples noch als Giveaway ins Paket gelegt hat.
Wer wissen möchte, wie ich zu dieser Marke gekommen bin, der sollte meine Rezension zu dem Duft „Treffpunkt 8 Uhr“ auf Parfumo oder als Bewertung zum genannten Duft auf der Seite kaiporten.de lesen. Hier will ich jetzt nur einen Satz darüber verlieren. Meinen ersten Duft dieser Marke, den genannten „Treffpunkt 8 Uhr“ bekam ich ebenfalls als außerordentlich großzügiges Giveaway von Kai Porten.
Es ist nur ein erstaunlicher Zufall, dass genau dieser Duft „bisher“ und „immer noch“ mein Lieblingsduft von Schwarzlose Berlin ist. Obwohl ich inzwischen sechs von den Düften auch in Flakonform besitze, greife ich nach wie vor gerne zum Discovery Set.
Aber warum nun war der Kauf dieses Sets so sinnvoll für mich. Als ich die enthaltenen Düfte erstmals testete, erschienen mir die meisten, wie zum Beispiel Rausch, der 20 20 oder auch Leder 6 alles andere als erstrebenswert und so legte ich das Set zunächst einmal zu den anderen Düften ins Regal und beachtete es lange nicht weiter. Eines Abends aber nahm ich es wieder hervor, diesmal bewaffnet mit einigen zurechtgeschnittenen Zewa’s, die ich als Teststreifen missbrauchte und habe alle Düfte noch einmal sehr ausführlich getestet.
Meine Wahrnehmung war diesmal eine völlig andere. Mir gefielen der Zeitgeist und der Altruist außerordentlich. Beide Flakons habe ich kurze Zeit später im Souk auf Parfumo geschossen. An dieser Stelle muss ich einräumen, dass ein Faible für Düfte, die im großen Spiel der Parfüme „nur Nebendarsteller“ sind, durchaus seine Vorteile haben kann. Beide Flakons habe ich „fast voll“ so preiswert bekommen, dass keine Rabattaktion der Welt an einen solchen Preis herangekommen wäre. Glück gehabt, denn diese Düfte sind als Flakons auch auf Parfumo nicht durchgehend zu bekommen.
Etwas schwieriger war die Sache beim Leder 6. Dieser dürfte wohl der bekannteste Duft von Schwarzlose Berlin sein, und so ist auch er zwar durchaus preiswert zu haben, aber die Einsparung ist sichtbar kleiner als bei den anderen. Grundsätzlich bin ich bei Dingen, die mir Freude machen, und es gibt neben den Parfums auch noch ein paar andere Dinge, für die ich Geld ausgebe, etwas eigen. Mir ist neu immer lieber als gebraucht, auch wenn es dafür in manchen Fällen keine plausible Erklärung gibt. Eine Einsparung muss sich schon gewaschen haben, damit ich zuschlage. Beim Leder 6 jedenfalls gab es seinerzeit kein Angebot, dass mich überzeugen konnte, und so bestellte ich mir auch davon einen 100 ML-Flakon bei Kai Porten.
Leder 6 ist der erste meiner Schwarzlose Berlin Düfte, von dem ich einen 100 ML-Flakon besitze und so erscheint dieser im Vergleich zu seinen kleineren Brüdern wirklich massiv. Das Design ist unauffällig und einheitlich. Sie haben alle die gleiche Form und unterscheiden sich eigentlich nur durch die Farbe des Inhaltes und die Farbe der Etiketten, im Fall von Leder 6 ist es passend zum Namen ein schwarz gehaltenes Etikett aus Leder. Die Beschriftung scheint in dieses Lederetikett hineingeätzt oder -gefräst worden zu sein. Wenn man mit der Fingerspitze darüberfährt, fühlt man winzige Erhebungen, die beweisen, dass es sich hier nicht einfach um einen Druck handelt. Aber nicht nur im Vergleich zu seinen kleineren Geschwistern erscheint der Flakon massiv, sondern auch zu vielen Konkurrenzprodukten. Der Verschluss sitzt bombenfest auf der Flasche, man kann sie also bedenkenlos an diesem anheben. Die Umverpackung, aber das ist jetzt auch der letzte Satz dazu, ist vergleichsweise unspektakulär. Man kann halt nicht alles haben, aber die Düfte liegen preismäßig generell sichtbar unter den vieler anderer Nischenmarken.
Der Duft ist schwer zu beschreiben. Zunächst einmal lässt der Name darauf schließen, dass es sich um einen Lederduft handelt. Das stimmt nur bedingt. Ja, im weiteren Verlauf gibt es einen ledrigen Duft, aber im Opening bin ich eher bei gebratenem Speck, der kurz davor ist anzubrennen, also ausgesprochen würzig und salzig. Gott sei Dank nimmt irgendjemand die Pfanne rechtzeitig vom Herd. Der Speck verbrennt nicht, aber mit abnehmender Hitze verliert sich die anfängliche Würze etwas und verwandelt sich nach einigen Minuten tatsächlich in etwas lederartiges. Meine Vergleichskandidaten zum Leder 6 sind Ombré Leather von Tom Ford und Godolphin von Parfums de Marly. Beiden Düften attestiere ich ganz klar einen deutlich erkennbaren Lederduft. Beim Ombré Leather ist es eher eine alte viel getragene schwere schwarze Lederjacke, beim Godolphin bin ich in einem teuren Neuwagen, in dem die Leder-Vipes zusätzlich noch durch künstliche Duftstoffe gepimpt wurden, damit diese in ihrer Eleganz zum Fahrzeug passen.
Ich würde nicht sagen, dass der eine oder andere der bessere Lederduft ist. Sie lassen einen direkten Vergleich nicht zu, und genau das gilt im Besonderen auch für den Leder 6. Ja, das Leder kommt, aber in diesem Lederakkord schwingt etwas Süßes und Synthetisches mit, dass ich nicht so richtig in Worte fassen kann. Wer sich mit dem Duft beschäftigt hat, der weiß, dass Leder 6 früher einmal Fetisch hieß, und ich finde, dass dieser Name viel besser zu ihm passt, denn er ist irgendwie schräg, schrill und auch nicht wirklich leise. Er feiert auf meiner Haut und macht sich deutlich bemerkbar. Er gehört in die Clubs, in denen die Leute feiern, denen es nicht so drauf ankommt, die es nicht stört, wenn sie im Laufe eines Abends einen gewissen Kontrollverlust erleiden, denen es auch egal ist, wenn die Frisur nicht mehr sitzt, wenn im Getümmel der Feier das eine oder andere Kleidungsstück verloren geht und die neben dem Alkohol vielleicht auch anderen (legalen) Substanzen von Zeit zu Zeit zugeneigt sind. Genau dazu passt dieses Leder. Es ist nicht elegant, es ist auch nicht zwingend teuer, es ist schon ein bisschen speckig, alt, abgewetzt, aber geil.
Der Duft kommt gut an, jedenfalls in meinem Umfeld. Das habe ich nicht erwartet, weil er schon speziell ist. Man muss ihn auf der Haut einige Zeit einfahren. Er wird dann mit jedem Tragen etwas geschmeidiger. Die Haltbarkeit und die Sillage gehören für mich im Vergleich ins obere Viertel. Leder 6 brüllt einen nicht in Grund und Boden, aber er ist immer da und sowohl für Träger als auch das Umfeld deutlich wahrzunehmen, und das für Stunden.
Wie die meisten Düfte von J.F. Schwarzlose Berlin, ist auch dieser hier alles andere als gewöhnlich und man muss tatsächlich lernen sie zu riechen und jedem eine zweite und dritte Chance geben. Das Discovery Set ist das ideale Schulbuch dazu und mit 39 € überschaubar teuer. Mir jedenfalls hat es viele der Düfte nahegebracht und schon jetzt steht fest, dass ich mir mindestens noch einen weiteren anschaffen werde. Der Leder 6 ist eine Bereicherung für jeden, der nicht nur einfach gut riechen will, sondern in den Düften eine Geschichte entdeckt. Er verkörpert wie kein anderer aus diesem Hause seinen (alten) Namen. Auch hier kann ich nicht anders, als erneut festzustellen, dass ich froh bin dieses Hobby für mich entdeckt zu haben, und daran hat der Leder 6 einen gewichtigen Anteil.”